RECHTSPRECHUNG IM PRESSERECHT & MEDIENRECHT:
Presserecht München
LG München I, Urt. v. 11.05.2016, Az: 9 O 3610/16
In der bloßen Teilnahme an einer Fernsehpreisverleihung und dem dort üblichen Posing auf dem roten Teppich kann nicht die Einwilligung darin gesehen werden, auch solche Fotos zu veröffentlichen, die bei einem solchen Auftritt durch ein Missgeschick entstehen und in die Inimsphäre eingreifen.
Auch dann, wenn es sich bei einer Person um eine solche au sdem Bereich der Zeitgeschichte handelt, die zudem bei einem zeitgeschichtlichen Ereignis auftritt, rechtfertigt dies nicht, bei diesem Anlass aufgrund eines Missgeschickes erstellte Fotos, die den Intimbereich der betroffenen Person zeigen, zu veröffentlichen.
Sachverhalt: Einer bekannten Sportmoderatorin, die bei der Verleihung der Goldenen Kamera am 06.02.2016 teilnahm, verrutschte beim Aussteigen aus ihrer Limousine, das Kleid, dass aufgrund eines langen Schlitzes ihre Unterhose zu sehen war. Sie wurde durch die Fotografien in ihrem Intimbereich mit nicht blickdichter Kleidung einer breiten Öffentlichkeit präsentiert.
Die Veröffentlichung dieser Fotos waren mehr der Befriedigung voyeuristischer Bedürfnisse, als einer adäquaten Berichterstattung geschuldet. Außerdem handelte es sich um ein vergleichsweises belangloses Ereignis, welches auch durch Wortberichterstattung adäquat darstellbar gewesen wäre.
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OLG Stuttgart, vom 08.07.2015, Az: 4 U 182/14 (LG Stuttgart 11 O 15/14)
Der Senat hat mit Urteil die Berufung der Daimler AG zurückgewiesen. Zwar hat die Anfertigung des Filmmaterials durch einen Reporter des SWR, die Rechte der Daimler AG verletzt. weil die heimliche Fertigung von Filmaufnahmen deren Hausrecht verletzte und einen Eingriff in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht darstellte. Trotz der rechtswidrigen Erstellung der Filmaufnahmen wurde jedoch die Ausstrahlung der vom 13.Mai 2013 nicht als rechtswidrig angesehen. Dies war das Ergebnis der Abwägung mit der Meinungs- und Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz.
Hierbei hat das OLG Stuttgart bzw. das LG Stuttgart auf die maßgeblichen Abwägungsgrundsätze aus dem Walraff-Urteil des Bundesverfassungsgerichts zurückgegriffen. Entscheidend ist hier der Zweck der strittigen Äußerung. Die Meinungsfreiheit hat umso größeres Gewicht, je weniger es sich um eine unmittelbar gegen ein privates Rechtsgut gerichtete Äußerung im privaten, namentlich im wirtschaftlichen Verkehr handelt und in Verfolgung eigennütziger Ziele vorgenommen wurde, sondern einen Beitrag darstellt zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage. Die Bedutung der Information für die Unterrichtung der Öffentlichkeitund für die öffentliche Meinungsbildung muss eindeutig die Nachteile überwiegen, welche der Rechtsbruch für den Betroffenen und die Geltung der Rechtsordnung nach sich ziehen muss. Wenn Zustände oder Verhaltensweisen offenbart werden, die ihrerseits nicht rechtswidrig sind, dann deutet es darauf hin, dass es sich nicht um Missstände von erheblichem Gewicht handelt, an deren Aufdeckung ein überragendes öffentliches Interesse besteht.
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OLG München, vom 27.04.2015, Az: 18 W 591/15
Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog, § 823 Abs.1 BGB, Art 2, Abs.1 GG gegenüber Google wegen Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts:
Google haftet im Zusammenhang mit dem Inhalt eines Suchergebnisses, bei dem es sich um ein Snippet handelt, sowie der Verlinkung auf die angegriffene Äußerung in einem Blog als Störerin, da Google Inc. die obliegenden Prüfpflichten verletzt hat. Google hatte das Suchergebnis, trotz Hinweis auf die Rechtsverletzung, nicht entfernt und haftet somit auf Unterlassung. Google wurde verpflichtet, bei Eingabe des Suchworts „Betrugsverdacht“ in Kombination mit dem Namen des Antragsstellers einen bestimmten Suchtreffer mit einem Vorschautext, der die Begriffe „Betrugsverdacht“ und „Staatsanwaltschaft ermittelt“ enthält, nicht mehr anzuzeigen und nicht mehr auf die entsprechende Website zu verlinken. Dazu das OLG München:
"Die Antragstellerin hat die Antragsgegnerin vorliegend auf die Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts hingewiesen (...), es handelte sich um eine anlassbezogene, konkrete und belegte Beanstandung, die hinreichend qualifiziert war, die Antragsgegnerin in die Lage zu versetzen, die Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts der Antragstellerin zu überprüfen. Die Antragsgegnerin (Google) hat die ihr möglichen und zumutbaren Kontrollmaßnahmen nicht ergriffen. Sie hat keine Sperrung der beanstandeten Inhalte in Verbindung mit der konkreten Suchworteingabe "(...)betrugsverdacht" veranlasst, um zukünftig eine Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts der Antragstellerin zu verhindern. Diese Verpflichtung folgt aus der Abwägung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts der Antragstellerin mit der durch Art.2 und 14 GG geschützten wirtschaftlichen Tätigkeit der Antragsgegnerin (vgl. BGH, Urteil vom 14.05.2013 - VI ZR 269/12)"
Im Rahmen der Beschwerde hob das OLG München (Beschluss vom 27.04.2015, Az.: 18 W 591/15) den vorangegangenen Beschluss des LG München damit auf. Der Verfügungsanspruch ist auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkt.
Auf Grundlage der vom BGH aufgestellten Grundsätzen (siehe dazu BGH Urteil vom 02.03.2010, Az.: VI ZR 23/09) nimmt das OLG in dem Verfahren gegen Google Inc., USA, richtigerweise die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für persönlichkeitsrechtliche Ansprüche durch Internetveröffentlichungen an. Ferner wendet das Gericht unter Bezugnahme auf das internationale Privatrecht deutsches Recht an, da der Antragsteller von seinem Bestimmungsrecht nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2,3 EGBGB Gebrauch gemacht hat.
In den Gründen vertritt das OLG die Ansicht, dass Google für unwahre Tatsachenbehauptungen als Störer haftet. Unerheblich sei dabei, ob die unwahre Tatsachenbehauptung im Rahmen von Googles eigenen Snippets oder „nur“ in der über das Suchergebnis vorgenommenen Verlinkung erfolgt.
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