Verdachtsberichterstattung
Die Pressefreiheit umfasst auch das Recht über Personen zu berichten, die unter dem Verdacht stehen, eine bestimmte (Straf-)Tat begangen zu haben.
Diese Berichterstattung beinhaltet aber grundsätzlich die Gefahr, dass sich im nachhinein der Verdacht nicht bestätigt und die Personen ungerechtfertigt in ihrer Ehre, ihrem Ruf und sozialem Ansehen massiv geschädigt wurden. Aus diesem Grund - zur Vermeidung von Vorverurteilung und Stigmatisierung von verdächtigen Personen - sind besondere Anforderungen an eine öffentliche Berichterstattung zu stellen.
Fachanwalt Reininger überprüft seit Jahren Presseveröffentlichungen auf ihre Rechtmäßigkeit. Insbesondere die Frage der erkennbaren und identifizierenden Verdachtberichterstattung steht hier im Mittelpunkt.
Sie sind Betroffener einer erkennbaren Berichterstattung? Sie werden einer Straftat oder anderer ehrbeeinträchtigender Handlungen verdächtigt? |
Zulässigkeitsvoraussetzungen für die öffentliche Äußerung eines (ehrverletzenden) Verdachts:
Die Zulässigkeit ist bei Wahrnehmung berechtigter Interessen gegeben. Im Einzelnen müssen alle folgenden Punkte erfüllt sein:
- überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung des Verdachts; Abwägung mit dem hohen Anonymitätsschutz bei Privatpersonen
- sorgfältige Recherche; hohe Sorgfaltspflichten der Presse; Aufklärungsmöglichkeiten müssen ausgeschöpft sein; Vollständigkeitsgebot; Prüfung der Glaubwürdigkeit der Quellen; Einholung einer Stellungnahme des Betroffenen - Konfrontation des betroffenen mit Möglichkeit zur Stellungnahme vor Veröffentlichung
- Mindestbestand an Beweistatsachen: Je schwerer der Vorwurf, desto stichhaltiger müssen die Verdachtsmomente sein
- Keine Vorverurteilung durch unausgewogene Berichterstattung; Keine Prangerwirkung zu Lasten der/des Betroffenen. Eine Prangerwirkung kommt in Betracht, wenn ein beanstandungswürdiges Verhalten einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht wird und sich dies schwerwiegend auf Ansehen und Persönlichkeitsentfaltung des Betroffenen auswirkt (vgl. BGH, Urt. v. 13.01.2015 - VI ZR 386/13)
- Mitteilung entlastender Umstände (Vollständigkeitsgebot); keine bewusst einseitige oder verfälschende Darstellung, sondern offene und distanzierte Darstellung der Verdachtslage. Die Zulässigkeit der Berichterstattung scheitert oftmals an der unausgewogenen Darstellung, wofür auch bereits der Titel des Beitrags entscheidend sein kann.
Berichterstattung über Strafverfahren:
- Eine Strafanzeige reicht grundsätzlich nicht aus (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 02.10.2013)
- Ein anhängiges Ermittlungsverfahren reicht als Anknüpfungstatsache an sich nicht aus (BGH, Urt. 16.02.2016 - VI ZR 367/15)
- Unschuldsvermutung gilt bis zur rechtskräftigen Verurteilung.
- Anklageerhebung und Eröffnung der Hauptverhandlung reichen zumeist für die Zulässigkeit einer identifizierenden Berichterstattung (vgl. BGH Urteil vom 17.12.2019, Az: VI ZR 80/18)
Hilfe bei identifizierender und ehrverletzender Berichterstattung |